Ist wirklich das Adeno-Virus
schuld
Aus der Praxis für die Praxis
Sie fragen Dr. Geert de Schepper antwortet
An dieser Stelle möchten wir der Familie Kipp
mit ihrer hervorragenden Leistung ab Barcelona gratulieren. In ein
paar belgischen Zeitungen habe ich Berichte über den Umgang und
die Versorgung mit ihrer Taubenkolonie gelesen.
Es erinnerte mich sofort an meinen letzten Artikel über
Antibiotikum. Ich bekam den Eindruck, daß diese Liebhaber ihre
Tauben so dicht wie möglich mit der Natur in Verbindung bringen
und nur Antibiotikum benutzen, wenn es dringend notwendig ist. Unser nächstes
sehr aktuelles Thema ist das "Adeno Virus".
Momentan nennt sich fast jedes Problem bei den jungen
Tauben "Adeno Virus". Ist der Kot etwas grüner oder zu
wässerig, dann ist die Diagnose Adenovirose Colibaccilose
sehr schnell bestimmt. Ich bezweifele ernsthaft diese Diagnose. Ein grüner
Kot kann genauso gut auf eine erhöhte Gallenabsonderung der Leber
deuten, und Wasser im Kot ist schon eher ein Nierenproblem. Gesunde
Tauben produzieren einen hellbraunen Mist mit einer weißen
Fraktion dazu. Der weiße Teil ist der Urin der Taube.
Normal funktionierende Nieren konzentrieren den Urin.
Das bedeutet, daß durch die Nieren Wasser und ein großer
Anteil der wasserlöslichen Stoffe resorbiert wird, damit nur ein
kleiner Bruchteil Urat Kristalle (Endprodukt des Eiweißmetabolismus)
ausscheidet. Bei schlecht funktionierenden Nieren geschieht das nicht,
und eine große Menge der Körperflüssigkeit geht
verloren. Logisch, daß solche Tauben mehr als die anderen
trinken.
Sollte in so einem Fall für Antibiotikum
entschieden werden, um sozusagen die sekundäre bakterielle
Infektion zu bekämpfen, muß man eine gut überlegte
Entscheidung treffen. Es ist zum Beispiel nicht zu empfehlen ein
Antibiotikum zu vergeben, welches die Nieren belastet. Bei gesunden
Tauben wird dieses Antibiotikum wahrscheinlich wenig Nebenwirkungen
verursachen. Bei einem belasteten Organismus aber können diese
Nebenwirkungen sehr heftig sein.
Einmal rief ein Liebhaber bei mir an und fragte, ob
Baytril die Orientierung seiner Tauben negativ beeinflussen könnte.
Im Prinzip ist das nicht möglich. Doch wenn metabole Störungen
(Störungen im Stoffwechsel) vorhanden sind, kann dies der Fall
sein. Die Leber und die Nieren sind Organe mit einer entgiftenden
Funktion. Jetzt wird Baytil in der Leber metabolisiert, und dies kann
die Funktion der Leber ernsthaft beeinflussen. Hierdurch werden
bestimmte giftige Stoffe wie zum Beispiel Urate im Körper zurückbleiben,
und tatsächlich können diese Stoffe die Gehirnfunktion und
damit auch die Orientierung negativ beeinflussen. Ich habe gerade
Baytril als Vorbild genommen, dies gilt aber ebenfalls für
verschiedene andere Sorten von Antibiotikum. Die Problematik ist natürlich
weniger auffällig, wenn die Taube nicht trainiert oder nicht
eingesetzt wird.
Wenn Sie diese Begründung, die eigentlich noch
viel weitgehender ist, vor Augen halten, dann verstehen Sie, daß
es viele Probleme gibt, die von metabolen Störungen verursacht
werden und daß nicht immer eine Infektion die Ursache einer
Krankheit ist.
Dasselbe gilt auch für das Adeno-Virus. Warum
wird eine bestimmte Taube krank und eine andere nicht? Das kann mit
dem Widerstand zusammenhängen , werden Sie vielleicht sagen.
Warum aber, hat die eine Taube weniger Widerstand als die andere?
Ein kluger Mensch hat schon verstanden und wird auch
einsehen, daß medizinische Begleitung weitergeht als das
Verschreiben von antibakteriellen Produkten. Gut Flug!
Dr. Geert De Schepper
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